
Lieber Deppenparker, …
… heute war aber auch wieder viel los. Und dann auch noch kein Parkplatz weit und breit. Nur da, direkt an der Kreuzung, haha! Du Adlerauge, ganz genau passt du da noch hin, und nur drei Schritte von der Tür entfernt. Super. Stört doch keinen.
Nun ja, vielleicht nicht „keinen“. Genauer gesagt: eigentlich jeden. Das da auf dem Bild? Meine Tochter. „Die kommt doch noch vorbei“ sagst du. Richtig, nur sieht sie nicht, wo sie hinfährt. Einen Fußgänger? Einen Hund? Könnte sie nicht sehen, weil du ihr im Weg stehst. Die Mutter mit Kinderwagen, die die Hauptstraße auf dem Fußweg entlang kommt und die Nebenstraße kreuzen will? Muss um dich herum auf die Hauptstraße kurven und damit auf Verkehr achten, der sie gar nicht tangieren sollte – und steht dann im Zweifelsfall auf der Hauptstraße, um auf Verkehr aus der Seitenstraße zu warten. Der ältere Mann, der schlecht zu Fuß unterwegs ist, auf demselben Weg? Muss auch um dich herum, muss auch auf den Hauptstraßenverkehr achten, steht genauso ungünstig im Weg. Die RadfahrerIn, die aus der Nebenstraße links auf die Hauptstraße abbiegen möchte? Sieht leider nicht wirklich gut um dich herum. Genauso, wie die, die von der Hauptstraße in die Nebenstraße einbiegen möchte und nun einen Bogen viel weiter in die Straße hinein fahren muss, also in den Gegenverkehr hinein. Aber es sind nicht nur die vermeintlich schwächeren Verkehrsteilnehmer, die du behinderst, nein. Auch und vor allem deinesgleichen. Der Autofahrer, der aus der Seitenstraße links auf die Hauptstraße abbiegen möchte und, um um dich herum sehen zu können, eine Motorhaubenlänge in die Hauptstraße fahren muss, bis er endlich Sicht auf den Verkehr hat? Der Lieferant, der trotz seiner erhöhten Sitzposition um mindestens eine Autolänge später volle Sicht in die Seitenstraße und mögliche Fußgänger, Radfahrer, Kinder, Hunde hat? Der mit seinem größeren Vehikel nun einen wesentlich engeren Kurvenradius zur Verfügung hat, was ihn unter Umständen sogar dazu zwingt, in die Straße hineinzurangieren?
Nein, lieber Deppenparker, das muss dir bei deinem glücklichen Parkplatzfund entgangen sein. Und als ihr in der Fahrschule durchgenommen habt, dass man fünf Meter Abstand zum Fahrbahnschnittpunkt halten muss, warst du sicher gerade krank. Sonst hättest du freilich nie so idiotisch geparkt. Und sowieso stehst du ja nicht lange da. Nur ein paar Minuten. Naja, vielleicht auch eine halbe Stunde. „Da wird man ja wohl mal dran vorbeifahren/laufen können“. Und du hast ja einen guten Grund. Wo hättest du auch sonst parken sollen. Etwa ums Eck, oder eine Straße weiter? Wie sollte man von da aus je ans Ziel gelangen? Mit DER schweren Tasche?
Tja, und weil du, lieber Deppenparker, darauf keine Antwort weißt – außer, dass es für DICH so am bequemten ist –, oder dir all diese Fragen nie stellst und die Gedanken nicht machst, deshalb bist du die größte Pest, die unser Verkehrswesen hervorbringt. Weil dein Auto nämlich die allermeiste Zeit parkt statt fährt. Und wenn du einmal nicht der Deppenparker in der Straße bist, dann ist es der nach dir. Oder der danach. Es gibt ja doch eine ganze Menge von dir. Das einzige, wovon es noch viel mehr gibt, das sind – alle anderen. Alle anderen außer dir.
Vielleicht möchtest du deinen „guten Grund“ nochmal überdenken.
Neulich gab es eine schöne ARD-Dokumentation, die damit beginnt dass Senioren sich am Müllcontainer über „diese Asylanten“ beschweren. Weil nämlich „die immer ihren Müll nur hier vorne reinwerfen, und dann verteilt sich das ja nicht im Container!“.
Daran erinnert mich dieser Eintrag. An genau diese biedere und – Verzeihung – für mich persönlich etwas abstoßende Selbstgerechtigkeit. Man muss nur „Arschlochparker“ gegen „Asylanten“ tauschen und du bist sofort der Star am Stammtisch.
Es könnte ja immerhin auch sein dass es die total überlastete Frau vom Pflegedienst ist, die da hektisch geparkt hat um im dritten Stock Oma Erna (92) mit dem Nötigsten zu versorgen. Oder oder oder. Oder einfach jemand einfach unachtsam bis gleichgültig war weil er einen Scheißtag hatte. Aber das ist auch völlig egal, denn dir geht es offenbar um deinen persönlichen „Pet Peeve“ – und das ist letztlich eine Sache zwischen dir und dir. („A pet peeve or pet hate is a minor annoyance that an individual identifies as particularly annoying to themself, to a greater degree than others may find it.“).
Bin gespant ob der Kommentar freigeschaltet wird 🙂
@Adrian: Ja, das könnte man wirklich denken. Vielleicht gibt es einen guten Grund so zu parken. Wenn man nicht jeden Tag x-mal durch diese Deppenparker behindert und/oder gefährdet werden würde. Deppenparker trifft es nämlich haar genau. In den wirklich allermeisten Fällen geht’s solch rücksichtslosen Falschparkern nur um ihren Vorteil. Wenn du das anders siehst, bitte. Du hast sicher nicht meinen Arbeitsweg. Und vermutlich nie Kinderwagen oder Personen im Rollstuhl geschoben. Oder einen der vielen anderen Gründe warum solche Personen nicht nur nerven, sondern, ich wiederhole mich: behindern und gefährden.
Na selbstverständlich ist das eine Sache, die mich ganz persönlich narrisch macht und ganz offensichtlich rege ich mich darüber mehr auf als andere. Ob ich damit allerdings so ganz alleine stehe, wage ich zu bezweifeln. In der Tat ist es aber so, dass Falschparken – in all seinen Facetten – als Kavaliersdelikt angesehen wird, für das man nur einen „guten Grund“ ins Feld zu führen braucht, um offensichtlich über den Belangen anderer dadurch Betroffener zu stehen. Wenn dazu schon „unachtsam oder einen schlechten Tag haben“ reicht, dann gebe ich gerne den Blockwart (und ich hoffe, ich erinnere dich an einen Blockwart und nicht an einen Rassisten). Der ruhende Verkehr ist meines Erachtens eine der größten Herausforderungen, die das Anwachsen des MIV mit sich bringt – nicht nur aus Sicht der RadfahrerInnen, die freilich meine hier vorrangig bediente ist. Die Verniedlichung des Falschparkens und das Diskutieren darüber, ob ein Grund zum Falschparken nur gut genug ist, ist gewichtiger Teil des Problems. Natürlich ist das nur meine Meinung. Aber deshalb schreibe ich sie ja auch auf. Denn vielleicht bin ich gar nicht alleine. Vielleicht bin ich nicht mal in der Minderheit. Vielleicht auch schon, aber was würde das ändern?
Keine Sorge, rein strukturell unterscheidet sich der Blockwart vom Rassisten meistens ja überhaupt nicht – man muss da also nicht viel drüber nachdenken. Natürlich bist du auch formal völlig im Recht – selbst ohne dass so ein Klugscheißer wie ich dir das im Internet zuspricht. Aber es ist die eine Sache, Recht zu haben, und die andere sich öffentlich darin zu gefallen und Applaus dafür zu wollen. Weil hier irgendwo in einem anderen Kommentar noch „Todesfalle“ stand: Wenn jemand wirklich von so einer extremen Gefährdung ausgeht (wie ja implizit der Autor auch) – die nicht durch ein bisschen Achtsamkeit abzufedern ist …. wieso steht das Foto im Internet und nicht in einer Anzeige? Wohl weil man sich in der Rolle dann doch nicht so gefällt.
Ich plädiere im Prinzip nur für ein freundlicheres und etwas weniger aufgeregtes miteinander – sogar dann, wenn jemand _anderes_ Scheiße baut und man selbst _völlig_ im Recht ist. Ich stell mich ja z.B. auch nicht hin und sag „Ätschibätschi, selber Schuld“ wenn ein Radler verunfallt weil er auf der falschen Seite gefahren ist. Das hat nichts mit Recht haben zu tun.
Und zuguterletzt: ich sehe keinen einzigen Vorschlag, wie man diese verbesserungswürdige Situation verbessern kann. Höhere Strafen? Bringen nix. Autofahrer anstänkern? Bringt nix. „Spucki“ (Aufkleber) draufkleben? Da hätte ich sogar ein bisschen Verständnis wenns eins in die Fresse gäbe, irgendwie. Das einzige was nachhaltig hilft ist jemanden ausgesprochen freundlich (!) auf so etwas hinzuweisen. Wer also nur rumstänkert ist in meinen Augen nicht ein Teil der Lösung. Und ich habe da auch schon einiges ausprobiert um dazu beizutragen, denn ich bin kein Fan von Falschparkern. Sogar OBWOHL ich eine andere Meinung habe als du ^^
Warum keine Anzeige gemacht wird? Vermutlich aus dem Grund, dass sowas nicht verfolgt wird von den zuständigen Behörden. Und die könnten auch was dagegen machen. Tun sie aber nicht. Aus „Opportunitätsprinzip“. Abgelaufene Parktickets aufschreiben geht, behindernde Falschparker aufschreiben geht nicht.
Freundliches Ansprechen bringt auch in den seltensten Fällen was. Die Reaktionen sind nämlich sehr selten freundlich.
Des einen „pet peeve“ ist des anderen Todesfalle.
Klar kann man bei dem Foto nicht gerade von einem besonders eklatanten Fall sprechen. Sollte es sich um die genannte Pflegekraft handeln, kann man sich sogar freuen, dass sie nicht wie sonst üblich die vordere Hälfte ihres PKWs direkt auf dem Gehweg platziert hat.
Aber leider sind unsere Städte gerade am Abend voll von Autos geparkt in unübersichtlichen Kreuzugen, vor abgesenkten Bordsteinen, auf Fußgängerfurten, im Ampelbereich oder auch mal direkt vor dem Zebrastreifen.
Das Mädchen auf dem Foto wird durch das Auto schlicht unsichtbar. Die Mutter mit Kinderwagen oder der Opa mit Rollator kommen vielleicht nicht so einfach dran vorbei. Der Rollstuhlfahrer kommt vielleicht gar nicht über die Kreuzung.
Nur weil Sie, Adrian, zu den 80% gehören, denen das kein schwereres Problem bereitet, haben wohl auch die anderen 20% ein Recht auf freie und sichere Bewegung im öffentlichen Raum.
Hi, mit Sicherheit keine Pflegekraft. Ich kenne keine die mit ihrem Privat-Pkw durch die Gegend fährt. Ist ein rücksichtsloser Artgenosse, dem alle anderen egal sind. Hauptsache ich, ich.
Lieber Adrian,
du hast Verständnis dafür, wenn Menschen, die mit einfachen Mitteln auf egoistisches Fehlverhalten aufmerksam machen wollen („Spucki-Aufkleber) eins auf die Fresse kriegen, willst aber auf rücksichtslose Falschparker geduldig warten, um sie ausgesprochen freundlich darauf hinzuweisen, dass sie gedankenlos parken?
Ich habe mich um solche Gepräche bereits bemüht und leider die Erfahrung gemacht, dass nur wenige die Stärke haben eigenen Fehlverhalten sich selbst einzugestehen.
Glaubst du im Gegenzug, dass jemand, der es sich mit einem Sessel auf der Fahrbahn bequem machte, von den Führern der Kraftfahrzeuge viel Verständnis und freundlcihe Worte zu erwarten hätte? Ich fürchte, da würde einem schnell mit Gewalt gedroht.
Wie kann man die problematische Parkplatzsituation lsen? Vielleicht, wenn weniger Autos unterwegs wären? Warum glaubt man mit dem Kauf eines Autos auch das Anrecht auf freies Parken erkauft zu haben?
In meinen Augen hat das eigen Auto (speziell mit Verbrennungsmotor) in Städten keine Zukunft mehr, denn die gesellschaftlichen, wie die Folgekosten für die Umwelt sind viel höher als die Betriebskosten.