Die gute alte Zeit

Dass Menschen ein Bild einer zugeparkten Straße hochheben, als sei dies ein erstrebenswerter Zustand aus der guten alten Zeit, zu dem man unbedingt zurückkehren möchte, ist schon ein kleines bisschen absurd, oder?

Werner Offenwanger, Wolfgang Kneißl und Adrian Vladescu (von links) haben noch Fotos aus der Zeit, als in der Deutschenbaurstraße vor ihrer Haustür noch geparkt werden konnte.

Those were the times, my friend.

Nun, vielleicht wurde diese Assoziation auch eher durch den Autor des AZ-Artikels geschaffen. Dass Anwohner ihrer Parkmöglichkeit nachtrauern ist durchaus verständlich. Dass bei der Verteilung von öffentlichem Raum aber zur Abwechslung auch einmal Parkmöglichkeiten geringer bewertet werden als das Wohl Anderer ist ein Szenario, das zukünftig vielleicht häufiger eintritt.

Interessant finde ich ja, auch wenn die Überschrift „Sie wollen ihre Parkplätze zurück“ anderes vermuten lässt, dass mitnichten ein reines „Zurück mit unseren Parkplätzen“ gefordert wird. Sondern Tempo 30, da die nun freie – und auf einmal schier aberwitzig breite – Deutschenbaurstraße zum schnellen Fahren einzuladen scheint (und das, wo sich doch nur die Radfahrer nie an Regeln halten).

Für eine Verkehrsberuhigung könnte ich mich auch erwärmen, wenngleich mir wahrscheinlich anderes vorschwebt als den Unterschriftensammlern. Einfach die Schutzstreifen entfernen, wieder das Parken erlauben und Tempo 30 anordnen ist keine Verkehrsberuhigung – und ist so auch nicht möglich.

Für Tempo 30 müssten Einbauten her, verbunden mit wahrscheinlich einem versetzten Parken, also mal links, mal rechts. Das würde bei weitem nicht alle Parkplätze zurückbringen (was auch ganz gut so ist). Ob sich dadurch wirklich eine Straßenführung ergibt, die Tempo 30 befördert, mag jeder für sich beurteilen. In der Martinistraße in Haunstetten, in der die üblichen Plastikinselchen eingesetzt wurden, stehen sich seither einfach nur dann und wann die Busse im Weg, zu Tempo 30 tragen sie eher nichts bei. In der Lutzstraße in Pfersee sind schon seit Ewigkeiten Inselchen vorhanden, diese Straße kenne ich selbst aber nur ohne Verkehr. Und die Hindernisse in der Bergheimer Straße finden wohl auch keinen großartigen Anklang.

Welche Interessensabwägung trifft die Stadt und wieviel Aufwand ist sie bereit zu investieren? Das ist die spannende Frage. Beidseitig Parken ist offensichtlich für sicheren, angenehmen Radverkehr nicht akzeptabel. Eine über 8 Meter breite Autobahn mit Malereien am Rand ist aber auch nicht das, was jemand bauen würde, bekäme er den Auftrag, eine Straße durch ein Wohngebiet zu konzipieren. Scheint, als könne man eine Verkehrswende doch nicht einfach auf die Straße malen.

Augsburg hat sich für die Schutzstreifen entschieden – nach langer Verzögerung werden diese nun permanent markiert. Mit „großer Mehrheit“ sei dies entschieden worden. Das hätte ich schon kaum mehr für möglich gehalten. Es mag nicht die perfekte Lösung sein, aber dass die Abwägung einmal ohne Einschnitte für den Radverkehr gegen Parkmöglichkeiten fällt, ist für sich genommen ein erfrischender Umstand. Dann wollen wir mal sehen, wie es in anderen Straßenzügen abläuft. In der äußeren Neuburger Straße etwa, wo Anwohner ebenfalls vehement gegen eine Verlagerung auf die Fahrbahn sind …