
Deutschenbaurdrama zu Ende gebracht
Haben sie es doch tatsächlich geschafft: die Schutzstreifen in der Deutschenbaurstraße endgültig markieren.
Einerseits freue ich mich, dass dieses Drama nun endlich ein Ende gefunden hat, dass die Stadt ihren Plan trotz einigermaßen erheblichen Gegenwinds letztlich ohne Zugeständnisse durchgezogen hat und der von parkenden Autos befreite Straßenzug ohne Frage sehr übersichtlich zu befahren ist – man kann und muss schon sagen, dass an dieser Stelle die Bedürfnisse des Radverkehrs an erste Stelle gesetzt wurden.
Andererseits frage ich mich schon, ob das nun tatsächlich die beste Lösung für diese Straße ist, im Sinne von: würde man den Straßenzug heute neu bauen, würde man ihn dann so bauen, so konzipieren? Würde man eine derart breite Asphaltpiste durch ein Wohngebiet legen, mit Tempo 50 und letztlich der schwächsten Form von Radinfrastruktur?
Will sagen: Freigeräumt hat die Straße einen Hauptstraßencharakter, wirkt wie eine Straße für viel und schnell fließenden Verkehr. In einer solchen Straße würde ich mehr als nur einen Schutzstreifen erwarten. Allerdings scheint mir die Deutschenbaurstr gar nicht so stark befahren (ich kenne sie nur zu bestimmten Zeiten), dementsprechend erwarte ich erst gar keine derart massive Straße, sondern eine verkehrsberuhigte Gestaltung – die dann wiederum gar keine extra Radinfrastruktur erforderlich machte.
Bemühungen, bestehende Straßenzüge zu beruhigen, gipfeln leider zumeist darin, Plastikinselchen aufzustellen – siehe Martinistraße (Haunstetten), Lutzstraße (Pfersee) oder Bergheimer Straße (Inningen). Keine dieser Straßen würde ich nun wirklich als Prototyp entspannt zu befahrender Gestaltungen ansehen wollen. In der Kurt-Schumacher-Straße (zwischen Steinerner Furt und Klausstr) oder der Stätzlinger Straße (jew. Lechhausen) wurde mehr Aufwand betrieben und bepflanzte Inseln eingeplant. Doch erstere ist ein neu bebauter Straßenzug mit ausreichend Garagen und kaum Parkdruck auf der Fahrbahn, letztere ist immer noch ein ganz anderer Typus Straße (mit weiterhin viel Lastverkehr und separiertem Radverkehr). Trotzdem hat man hier baulich einen bestimmten Straßenzugcharakter geschaffen/verändert, was man andernorts nur mit Farbe und Plastikinselchen versucht.
Ist die Deutschenbaur also nur den Aufwand nicht wert? Oder ist man so davon überzeugt, dass die Deutschenbaurstraße ein Bestandteil einer wichtigen Radachse ist (wird?), für die eine breite, freie Pisten mit Schutzstreifen letztlich die geeignetere Art der Verkehrsführung darstellt als eine aufwändig verkehrsberuhigte Straße ohne gesonderte Radinfrastruktur? Ich weiß es nicht. Immerhin scheint die Welt trotz zahlreicher entfallener Parkplätze ja nicht untergegangen zu sein, obwohl – wahrscheinlich – die Anwohner nun nicht reihenweise ausgezogen sein oder ihr Auto abgeschafft haben werden. Vielleicht sollte man allein diese positive Erkenntnis genießen.
Auf einer Strasse in etwa gleicher Breite von Fahrstreifen sowie danebenliegenden „Schutzstreifen“ (Gefährdungsstreifen) wurde ich letzte Woche von einem ÖPNV-Bus überholt praktisch ohne jeden Seitenabstand (5 cm wären schon großzügig geschätzt). Ohne „Schutzstreifen“ wäre ich von vorhinein soweit links auf der Fahrbahn gefahren, dass der Bus gar keine Möglichkeit ohne Fahrspurwechsel hat mich zu überholen. Kurzer Rede langer Sinn solche Verkehrsinfrastruktur ist vorsätzliche Körperverletzung durch die Straßenverkehrsbehörden.
Nur so als Feststellung: Die StVO macht keinerlei Angaben über veränderte Abstände wegen der bloßen Anwesenheit von Schutzstreifen. Soll heißen, die von Gerichten schon festgestellten Abstände für Radfahrer von 75-80 cm zu Gehwegen und mindestens(!) einem Meter zu parkenden Autos sind davon völlig unberührt. Man muss nicht rechts der Linie fahren, wenn die Verkehrssituation es nicht her gibt. Abgesehen davon: Mit einem Radfahrstreifen oder gar nichts wäre es nicht besser gelaufen. Wer sich um Überholabstände nicht schert, tut das auch mit (durchgezogenen) Streifen nicht. Was jetzt nicht heißen soll, dass ich ausgerechnet die nutzlosesten Konstrukte überhaupt – Schutzstreifen – verteidigen möchte. Eher müsste man den Busfahrer anklagen, denn dass ein Berufskraftfahrer sich so eine Nummer leistet, setzt Vorsatz voraus. Ausreichend ausgebildet wurde er ja schließlich. Also muss es Absicht sein.