Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://youtu.be/ueQCWRK8HC0

„Lückenlos auf eigenem Radweg befahrbar“ – remember?

Bitte nicht falsch verstehen: Dies soll keine Überdramatisierung sein – ganz im Gegenteil (sonst filme ich das bei mehr Verkehr nochmal). Es ist gerade der graue Alltag, die Nicht-Besonderheit dieser kurzen Szene – die sich in der Summe mit zahllosen solchen Begebenheiten zu einem Mosaik formt, das dokumentiert, wieviel ein 0815-Radweg bzw. ein Radstreifen an Parkplätzen und/oder Bushaltestellen vorbei zu leisten imstande ist: wenig. Noch weniger, wenn man sich davon einen Anreiz für Noch-Nicht-RadlerInnen erhofft.

Die einfache Formel „Ein Radstreifen ist immer noch besser als gar kein Radstreifen“ braucht nicht durch dramatische Einzelfälle widerlegt werden. Die Summe des Alltags erledigt das viel eindrücklicher. Der Bus steht im Weg, auch wenn vorher und nachher kein Streifen auf der Straße ist. Der PKW fährt in die Parklücke, egal ob da ein Radstreifen ist oder nicht. Die FußgängerInnen stehen im Weg, weil weiße Trennlinien zu wenig Platz nicht auf magische Weise vergrößern.

Und nein, die Antwort darauf lautet nicht „Ja aber das geht doch nicht anders“. Natürlich geht das anders. Über eine echte Umverteilung des Platzes. Solange man Fuß- und Radverkehr nur als etwas betrachtet, was man am Rand des motorisierten Verkehrs noch irgendwie organisieren muss, werden wir nicht mehr bekommen als sowas hier. Dass man für eine echte Verbesserung schnell die Komfortzone verlassen muss, in der man durch einfache Markierungen den Platz, der RadfahrerInnen auf der Fahrbahn ohnehin zusteht, sozusagen dauerhaft sichtbar macht, ist klar. Dass es zähe Diskussionen darüber geben wird, wo und wie man umverteilt, auch. Aber nicht, dass es anders nicht geht.

Das Rad als zweite Geige

Es mag ein subjektiver Eindruck sein, aber manchen Straßenzügen merkt man mehr als anderen an, dass dabei an das Rad entweder gar nicht oder erst viel später gedacht wurde. Die Neusäßer Straße ist so ein Fall. Stadtauswärts beginnt sie (mittlerweile) mit einem Radstreifen auf der Fahrbahn, für PKW bleibt eine Fahrspur je Richtung. Nach der Kreuzung mit der Stenglinstraße ist diese Radspur jedoch passé und der PKW-Verkehr rollt bis zum folgenden Kreisverkehr vierspurig. Ob das irgendeinen tieferen Sinn hat, wenn sämtliche umliegenden Straßen nur zweispurig sind – ich weiß es nicht.

Im Hier und Jetzt heißt es für RadlerInnen nach der Kreuzung auf alle Fälle, dass man auf vier Spuren auf sich alleine gestellt ist. Wenn ich mich recht entsinne, war das Hochboard auf diesem Abschnitt einmal ein kombinierter Rad-/Fußweg. Heute prangt dort zur allgemeinen Verwirrung ein Radweg-Schild – welches sich aber wohl auf die nach der Kreuzung noch angedeutete Radspur auf der Fahrbahn bezieht und nicht auf den Gehweg. Sinnvoller wäre hier das Anbringen eines Fußweg-Schildes, um unnötige Missverständnisse zu vermeiden.

Ob es das unsinnige Radweg-Schild ist oder die Wegführung auf der vierspurigen Straße, die sicher nicht jedermanns Sache ist – auf alle Fälle kann man eine Menge RadlerInnen auf dem Gehweg sehen, was spätestens auf Höhe der nächsten Bushaltestelle eine wirklich dumme Idee ist, selbst wenn dort gerade keine Fahrgäste warten (selbst Geisterradler habe ich auf diesem engen Weg schon gesehen). Für einige RadfahrerInnen mag es wie die Wahl zwischen Pest und Cholera erscheinen. Und wenn das Falschparken das Kavaliersdelikt des PKW-Fahrers ist, so gilt selbiges sicher auch für den Radfahrer und die Gehwegnutzung.

Doch wer sich mit der Nutzung der Fahrbahn arrangiert, sich dort den ihm oder ihr zustehenden Platz nimmt und sich nicht durch zu knapp überholende, wenig begeisterte PKW irritieren lässt, wird kurz vor Erreichen des anschließenden Kreisverkehrs doch wieder auf das Hochboard gejagt – in spitzem Winkel über einen abgeflachten Randstein, was noch nie eine gute Idee war. Der Platz für eine ordentliche Auffahrt auf das Hochboard wäre auf alle Fälle da (Grünstreifen).

Dass ich ein Fan davon bin, Radfahrer auf der Fahrbahn durch Kreisverkehre zu leiten, sollte bekannt sein. Und selbst wenn dieser Kreisverkehr durch die zusätzliche „Rechts-Dran-Vorbei-Abbiegespur“ (ich bin mir ziemlich sicher, dass dies der korrekte Fachbegriff dafür ist) ein wenig komplizierter sein mag, so ist er das vor allem, weil er mit PKW-Verkehr im Sinn konzipiert wurde. Rechtsabbieger fahren unter Umgehung des Kreisverkehrs direkt auf der rechten Fahrspur weiter, alle anderen ordnen sich links ein und fahren durch den Kreisverkehr. Bequem und schnell für alle, die rechts wollen (das wird dann schon die Mehrheit sein), ok für PKW, die in andere Richtungen wollen – und ein Hindernis für Radfahrer, deren Weg mit Vorfahrt-Achten-Schildern gepflastert mehrfach die PKW-Fahrspur kreuzt und zu allem Überfluss auch noch legal „falschherum“ führen kann (nach links, Gegenverkehr beim Kreisverkehrüberqueren, hooray).

Ob die Welt unterginge, wenn auch das Stück zwischen Stenglinstraße und Kreisverkehr auf zwei Fahrspuren mit Radspur verengt würde? Die Rechtsumfahrung des Kreisverkehrs könnte bleiben, Radfahrer, die in den Kreisverkehr wollen, würden zwischen dieser und der verbleibenden Fahrspur geleitet (Platz ist ja genügend vorhanden) und müssten zu keinem Zeitpunkt Spuren wechseln. Radfahrer, die rechts wollen, würde man auf der Rechtsumfahrung leiten (oder, wenn es sein soll, auch auf dem Hochboard, je nachdem, wie sich die Wegführung im Kobelweg anschließt). Natürlich ist dieser Kreisverkehr zu Spitzenzeiten stark belastet. Aber zu Spitzenzeiten fahren sicher auch viele RadfahrerInnen. Dass die jetzige Form nicht einmal für PKW die ideale Lösung ist, dürfte jeder bejahen, der hier schon im Stau stand. Dass es keine andere Form gibt, die gleichzeitig RadfahrerInnen weniger stark behindert als jetzt, wage ich einfach einmal zu bezweifeln. „Fahrradstadt“ würde für mich bedeuten, dass man sich eine solche Frage zumindest einmal stellt.

Kein Platz für niemanden

Bushaltestellen und Radspuren werden sich nie richtig gut verstehen, aber eine Verkehrsführung wie hier versucht erst gar nicht, eine für irgendjemanden erträgliche Lösung zu finden.