Eine Runde nach Feierabend

Der Hochablass

Wem das vorangegangene Beispiel zum Verbot des Radfahrens auf Teilstücken ausgeschilderter Radstrecken zu banal war – willkommen am Hochablass. Diese Lechüberquerung ist als reiner Fußweg ausgeschildert – und zugleich Teil von zahlreichen Radwanderwegen (jetzt wird auch klar, warum es Rad_wander_weg heißt) und innerstädtischen Radverbindungen. Die Deklaration als Fußweg und die gängige Missachtung desselbigen durch “uns” Radfahrer ist schon lange ein Streitpunkt.

Ich befahre (bewusste Wortwahl) den Hochablass regelmäßig auf meinem Arbeitsweg. Zu den Zeiten, zu denen ich dort überwiegend fahre – wochentags morgens gegen 9 und abends gegen 7 – ist der Hochblass zumeist menschenleer. Selbst Samstag Nachmittag bei schönstem Wetter ist der Hochablass nicht unablässig unter Fußgängermassen begraben. Es lässt sich, denke ich, mit Fug und Recht behaupten: einen Großteil der Zeit ist der Hochablass frei. Und solange nicht wirklich sehr viele Fußgänger unterwegs sind, sollte die Breite ausreichen, um ein Miteinander von Rad- und Fußverkehr zu bewerkstelligen.

Dass es dennoch seit jeher zu Spannungen kommt (wie auch immer die aussehen), liegt selbstverständlich auch an Radfahrern, die zu wenig Rücksicht walten lassen. Was einem als RadfahrerIn als angemessen langsames Tempo und ausreichend Abstand beim Überholen erscheint, muss der Fußverkehr noch lange nicht so empfinden. Andererseits erscheint auch mancher Fußgänger überproportional besessen darauf, in jedem Radfahrer ein ausuferndes Sicherheitsrisiko zu erkennen. Wahrscheinlich ist, dass eine Minderheit an respektlosen RadfahrerInnen das Image der Mehrheit prägt und dass (auch) aufgrund dessen die Regelung ist wie sie ist. Ein passendes Zitat aus einem älteren AZ-Artikel hierzu: “Die Idioten, die Fußgänger als Slalomstangen benutzen, bekommt man ohnehin nicht durch Verkehrsschilder in den Griff.…”

Es wäre ein interessantes Experiment, den Hochablass einmal für Radfahrer zu öffnen (gab es das schon einmal?). Denn die StVO sieht dafür eigentlich eine passende Beschilderung vor: einen Fußweg mit Zusatzschild “Radfahrer frei”. Ein solcher Weg bleibt nach wie vor ein Fußweg, auf dem FußgängerInnen stets Vorrang genießen. RadfahrerInnen dürfen sich aber mit Schrittgeschwindigkeit fahrend fortbewegen und müssen nicht absteigen. Das hätte meines Erachtens auch platztechnisch Vorteile: Ich verbrauche wesentlich wenig Platz, wenn ich auf dem Fahrrad sitze anstatt es nebenher zu schieben. Dass nicht jeder absolut sicher mit geringer Geschwindigkeit fahren kann – geschenkt. Wer sich unsicher fühlt, darf ja weiterhin absteigen.

Stattdessen werden aber RadfahrerInnen lieber darauf hingewiesen, dass sie hier nicht fahren dürfen – an einem Mittwoch Nachmittag? Die Zeit hätten die Ehrenamtlichen besser darauf verwendet, eine Verkehrszählung durchzuführen – vermutlich hätten sie mehr RadfahrerInnen als FußgängerInnen festgestellt.

Nicht unterschlagen sei an dieser Stelle, dass die AfD erst im Herbst vergangenen Jahres einen Antrag zur Öffnung des Hochablasses für den Radverkehr gestellt hat. Vielleicht findet sich ja im Rahmen der Fahrradstadt 2020 der Mut, das anzugehen? Der Hochablass ist sowohl für Freizeit- als auch zahlreiche Alltagsradler eine wichtige Stelle. Es muss möglich sein, ein vernünftiges Miteinander von Fuß- und Radverkehr herzustellen ohne dabei den RadfahrerInnen einmal mehr aus einem alteingesessenen Denken heraus gleich das Radfahren zu untersagen.

Ergänzung: Wie ich ich mittlerweile lernen durfte, scheitert eine Radfreigabe wahrscheinlich an der Voraussetzung einer Mindesthöhe für die Brüstung, die am Hochablass nicht gegeben ist. RadfahrerInnen tendieren wohl dazu, sonst ins Wasser zu stürzen. Was nichtsdestotrotz den Wunsch nach einer (oder mehreren) Lechquerung(en) nicht schmälert. Wer etwas will, findet Wege. Nur wer etwas nicht will, findet Ausreden. Selbst wenn sie begründet sind.