Wer es noch nicht gemerkt haben sollte: Dieses Blog dient mir selbst als laufender Lernprozess. Die hier abgebildete Kreuzung im schönen Pfersee ist ein schönes Beispiel dafür, dass ich durch Feedback von Regeln erfahre, die mir bis dato völlig unbekannt waren und wie gelernte Verkehrsführungen die/meine Erwartungen bestimmen. Der Reihe nach: Fährt man in der Augsburger Straße stadteinwärts, gelangt man an die Kreuzung mit der Franz-Kobinger-/Kirchbergstraße. In die Kirchbergstraße darf der motorisierte Verkehr nicht links abbiegen, da es sich um eine Einbahnstraße handelt. RadfahrerInnen allerdings dürfen sie auf dem Radweg entgegen der Fahrtrichtung benutzen – ergo müssen sie auch irgendwie dorthin abbiegen. Dafür hat die Stadt extra ein Schild aufgestellt, das anzeigt, dass RadfahrerInnen mit einem kleinen Rechtsschlenker in die Franz-Kobinger-Straße die Augsburger Straße queren sollen. Das klingt nach „Abbiegen in zwei Zügen“, richtig? Bekannt von jeder Kreuzung mit Radwegen rundherum, neumodisch oft mit „Linksabbiegerbeulen“ auf der Radwegefurt markiert. Dort wartet man dann, bis der Querverkehr grün bekommt und vollendet das Linksabbiegen.
So weit, so gut. Tatsächlich findet sich, wenngleich etwas unorthodox markiert, die zum Linksabbiegen vorgesehene „Beule“ (die in diesem Fall in die Fußgängerfurt ragt). Doch die dann erwartete Radampel? Gibt es nicht. Die vorhandene Ampel ist eine reine Fußgängerampel. Dementsprechend würde für mich das Signal der Allgemeinampel gelten – die ich aber gar nicht sehen kann, da sie etwa zwei Meter hinter mir platziert ist. An sich kein Problem, man richtet sich einfach nach dem Lichtsignal für Fußgänger, die Fußgängerfurt muss man hier gar nicht befahren, da der Radweg sowieso weiter links liegt. Aber wie kann man denn die Ampel vergessen, wenn man extra eine Abbiegemöglichkeit für RadfahrerInnen schafft und diese auch per Schild erklärt?
Das ist der Moment, an dem ich auf dem Rad den Kopf schüttele, im Geiste die vermaledeiten Ampelregeln verfluche, Bilder mache und das Ganze poste. Aber: Wie ich durch Feedback auf Facebook lernen durfte, ist hier genau genommen alles völlig richtig und sogar zum Vorteil von RadfahrerInnen ausgeführt:
Beim sogenannten „indirekten Linksabbiegen“ bleibt der Radfahrer zunächst rechts, überquert die Kreuzung oder Einmündung und biegt erst dann nach links ab. Es handelt sich in der Sache dabei nicht um einen Abbiegevorgang, sondern um eine Fahrbahnüberquerung. Gleichwohl bleibt der Radfahrer beim indirekten Abbiegen „Abbieger“ und unterliegt nicht etwa den für den Querverkehr oder querenden Fußgängerverkehr geltenden Regeln
Bedeutet: Man darf geradeaus die Kreuzung überqueren und von dort die Straße sofort queren, solange der Verkehr dies zulässt. Man muss explizit nicht die Ampel für den Querverkehr (die ja Rot zeigt) beachten – genau wie beim direkten Abbiegen auch. Wäre hingegen – wie an den allermeisten Kreuzungen der Fall – eine Radampel angebracht, nur dann müsste man das Grünlicht dieser Ampel abwarten.
Eigentlich eine völlig logische Regelung. Aber warum bin ich wahrscheinlich nicht der Einzige, dem diese Regel nicht bekannt ist und warum fühlt es sich an, als würde man bei knallrot über die Straße fahren? Möglicherweise, weil an vielen Kreuzungen das indirekte Linksabbiegen eben explizit markiert und signalisiert ist. Es ist sichtbar geregelt. In diesem Fall ist aber nichts zu sehen. Man muss stattdessen, als Fallback sozusagen, den entsprechenden Paragraphen der StVO kennen:
Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. Beim Überqueren ist der Fahrzeugverkehr aus beiden Richtungen zu beachten. Wer über eine Radverkehrsführung abbiegt, muss dieser im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich folgen.
Ich glaube nicht, dass ich demnächst Gebrauch von diesem Recht machen werde. Es fühlt sich einfach zu falsch an 😉