Es gibt Maßnahmen, da denke ich im ersten Moment „Oh, schön!“ und im nächsten „Mh, Mist“. Das hier ist so eine. Die Ortsdurchfahrt Inningen wird mit Schutzstreifen versehen. Auf einem Teil der Strecke ist dies schon geschehen, Richtung Bobingen hinaus ist es gerade im Entstehen. Das Bild zeigt das Ortsende – und das Dilemma. Ortseinwärts (auf dem Bild in Gegenrichtung links) ist endlich eine vernünftige Ableitung auf die Fahrbahn installiert worden. Ich hätte mir vielleicht eine noch etwas länger durch den hohen Bordstein geschützte Ableitung gewünscht, denn wie man an den Spuren auf der frisch asphaltierten Fahrbahn sehen kann, wird die Ableitung durchaus geschnitten oder zumindest sehr knapp befahren. Sinn der baulichen Ableitung ist ja aber gerade, den/die RadfahrerIn genau davor zu schützen. Aber gut.
Weniger anfreunden kann ich mich hingegen mit der Lösung ortsauswärts. Ja, im Moment steht noch nirgends ein Blauschild, weshalb all die Malerei ein reiner Vorschlag bleibt. Man kann so fahren, man muss aber nicht. Aber es ist schon ein sehr eindeutiger Wink, wie hier die Wege der jeweiligen Verkehrsmittel gewünscht werden. Man möchte, dass die Radler ihre Fahrt unterbrechen, den Autoverkehr abwarten, und dann die Straße queren. Letzteres müssen sie in jedem Falle, denn das ganz grundlegende Problem ist, dass nach der nächsten Ampel die Ortsverbindung nach Bobingen nur ein linksseitiger (benutzungspflichtiger) Radweg vorhanden ist (wie im Übrigen auf der anderen Seite des Ortes auch; von Augsburg kommend). Ich gehe davon aus, dass die Querung daher aus Sicherheitsaspekten so angelegt wurde – man möchte auch „schwächeren“ RadfahrerInnen einen sicheren Übergang bieten. Außer Acht lassen wollen wir mal geflissentlich die obligatorische Rumpelschwelle auf der Verkehrsinsel, die zudem für lange Radgefährte zu kurz ist, und dass sich auf der linken Straßenseite dann potentiell RadfahrerInnen (in zwei Richtungen) und Fußgänger auf einem dafür viel zu engen Weg begegnen.
Ich frage mich jedoch auch, ob man sich damit nicht eben gerade „unterwürfige“ RadfahrerInnen heranzieht und den Status Quo des Autos als dominierendes Verkehrsmittel zementiert. Man legt zum einen die Sicherheit des Radverkehrs einzig dem/der RadfahrerIn auf – sie/er soll aus dem Weg und stehen bleiben und das Auto passieren lassen, um dann sicher die Straße zu passieren. Desweiteren markiert man dieses gewünschte Verhalten so offensichtlich, dass RadfahrerInnen, die sich darüber hinwegsetzen – und solange keine Blauschilder aufgestellt werden, ist das völlig legitim, da weder Schutzstreifen noch sonst irgendetwas hier eine Benutzungspflicht birgt! – als „nicht den Regeln folgend“ erscheinen. Da die überwiegende Mehrheit wahrscheinlich benutzungspflichtige Radwege nicht von Schutzstreifen unterscheiden kann, folgt diese dann einfach dem markierten Weg. Und untermauern ihren Status als Verkehrsteilnehmer geringerer Ordnung.
Vielleicht ist das alles ein theoretisches Schwarzmalerei-Problem. Solange kein Blauschild aufgestellt wird, bleibt ja wie gesagt alles ein reines Angebot und man kann die nur wenige Meter später beginnende Linksabbiegerspur auf der Fahrbahn nutzen, um den linksseitigen Radweg zu erreichen. Die sinnvollste Lösung wäre demnach, der radelnden Masse genau diesen Angebotscharakter (im Gegensatz zu einer Benutzungspflicht) klar zu machen und ihr genügend Selbstbewusstsein einzuimpfen, sich im Verkehr zu behaupten. Sicherheit entsteht nicht aus einer grundsätzlich defensiven Verhaltensweise. Sie entsteht aus einer defensiven Denkweise, verbunden mit einer offensiven (im Sinne von selbstbewussten) Fahrweise.