Linksseitige Radwege beenden

Interessant, wie sehr man in der Derchinger Straße stadteinwärts – mitten im nirgendwo, möchte ich behaupten – das Ende der linksseitigen Radwegfreigabe unterstreicht. Bisher stand dort nur ein Verbotsschild, neu ist die Überquerungshilfe – und das zweite Verbotsschild … Letzteres wäre vielleicht besser ein Fahrtrichtungswegweiser geworden (diese gelben Schilder mit Pfeil; alternativ die kleinen weißen mit grüner Beschriftung), aber gut 

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Das übliche Hin und Her

Diese Bilderserie zeigt einen Abschnitt von kaum 100 Metern, (um)gebaut worden ist das alles vor geschätzt 15 Jahren – das ist also keine besonders neue Stelle, aber beileibe auch kein Relikt aus dem dunklen Mittelalter. Die Mischung aus durchaus „mutiger“ Radstreckenführung (heißt: im Autoverkehr) und völlig gedankenlosem Gewurschtl ist allerdings bemerkenswert und sinnbildlich für den Zustand großer Teile heutiger Radinfrastruktur.

Noch in Gersthofen werden RadfahrerInnen Richtung Augsburg (Höhe Adelbertstr) auf einen linksseitigen Zweirichtungsradweg geleitet. In falscher Richtung darf man so an zwei Autohäusern mit ihren Ein- und Ausfahrten vorbei (ein weiterer Baumarkt ist mittlerweile geschlossen) und eine Straße queren. Warum man bis heute keinen rechtsseitigen Radweg bauen konnte, ist also die erste Frage, die man getrost stellen darf.

Höhe Bauhaus/Mediamarkt weist ein weiterer Wegweiser wieder zurück auf die rechte Straßenseite. Die dort vorhandene Überquerungshilfe ist durchaus hilfreich, da der Verkehr hier zu Wartezeit beim Überqueren führen kann. Das ändert natürlich wenig daran, dass auch diese Verkehrsinsel wie immer viel zu wenig Platz für längere Räder/Anhängergespanne bietet. Die Überquerungshilfe ist auch eher auf Fußgänger abgestimmt, auf der Gegenseite findet sich ein Fußweg zum Parkplatz des dortigen Baumarkts – RadfahrerInnen finden sich hingegen auf der PKW-Abbiegespur in den Baumarkt-Parkplatz wieder. Diese fahren sie entlang und müssen dann geradeaus weiter auf den beschilderten Rad-/Fußweg – vorbei an den aus dem Parkplatz herausfahrenden PKW. Wie man auf den Bildern sieht, wurde eine einstige, viel zu weit in der Fahrbahn befindliche Haltelinie entfernt. Allerdings wurde auch keine neue aufgemalt, welche die PKW dazu animieren könnte, vor dem Radweg zu halten statt diesen beim Warten zu blockieren.

Dieser kombinierte Rad-/Fußweg wird rund sagenhafte fünf Meter nach Beginn geteilt und leitet RadfahrerInnen zurück auf die Fahrbahn. Wow – sollten hier RadfahrerInnen also tatsächlich auf der Fahrbahn durch den folgenden Kreisverkehr geleitet werden? Aber nein, nicht doch. Der offensichtlich wenig benutzte, mit seiner lächerlichen Breite alle Vorgaben zu Radverkehrsanlagen ignorierende Radstreifen führt knappe zehn Meter bis direkt an den Kreisverkehr heran, um direkt daran zu enden und RadfahrerInnen wieder zurück (über einen glücklicherweise ordentlich abgesenkten Randstein) aufs Hochboard zu schicken.

Auf diesem umrundet man den Kreisverkehr, quert dabei eine Ausfahrt und ordnet sich dann Richtung Zentrum gleich wieder links ein, um hier auf die Fahrbahn geleitet zu werden – zwischen Links- und Rechtsabbiegerspur findet sich hier eine rot markierte, ordentlich breite Radspur, auf der RadfahrerInnen links über die folgende Kreuzung Richtung Zentrum in einem Rutsch abbiegen können, was in Augsburg wahrlich nicht oft anzutreffen ist.

Der Abschluss dieses Weges ist – auch wenn die Ableitung besser geschützt, sprich nicht direkt in die Gabelung zwischen Geradeaus- und Rechtsabbiegespur geführt werden könnte – durchaus versöhnlich modern, aber das Wirrwarr zuvor ist einfach nur bizarr. Weshalb man sich einfach nicht traut, Radverkehr auf der Fahrbahn durch einen Kreisverkehr zu schicken, erschließt sich mir nicht. Der Kreisverkehr ist zwar viel befahren, aber der Verkehr fließt auch entsprechend langsam, sodass selbst langsame RadfahrerInnen problemlos mitschwimmen könnten. Würde man es dann noch hinbekommen, zwischen Gersthofen und Augsburg etwa einen Kilometer lang einen rechtsseitigen Radweg zu bauen, könnte man statt eines wirren Hin und Hers mit zahlreichen programmierten Konflikten einen entspannten Radweg beschreiben.

Und nochmal: Straßenquerung

Nicht dass eine/r meint, der Neubau einer Deppeninsel Überquerungshilfe am Ortsausgang Inningen sei eine Eintagsfliege. Auch am Ortsende Göggingen Richtung Inningen greift man dem Radfahrer und der Radfahrerin neuerdings mit einer solchen baulichen Maßnahme (samt Benutzungspflicht der anschließenden Radwege) unter die Arme, um vermeintlich sicher die linke Straßenseite zu erreichen. Gleiches Schema, gleicher Mist.

Ist viel Verkehr, muss der/die RadfahrerIn erst den Autoverkehr abwarten, um wenig später vermutlich an der Ampel (Kreuzung Lindauer/Allgäuer) nochmals zu warten. Doch was finden wir, wenn wir die Überquerungshilfe ignorieren und auf der Fahrbahn weiter bis zur Kreuzung fahren? Eine Abbiegespur. Eine ungenutzte Abbiegespur, da das Linksabbiegen hier schon lange nicht mehr gestattet ist. Sogar auf der anderen Seite der Kreuzung setzt sich in der Flucht der Abbiegespur weiterer ungenutzter Straßenplatz fort. Wäre es nicht denkbar gewesen, hier eine Möglichkeit – eine überaus komfortable und sichere Möglichkeit – für RadfahrerInnen zur Straßenquerung zu schaffen? Eine Abbiegeinsel mitten in der Fahrbahn ist Augsburg nicht fremd, hier stünde ungleich viel mehr Platz zur Verfügung. Sowohl LinksabbiegerInnen (in die Allgäuer) als auch GeradeausfahrerInnen (auf den linksseitigen Radweg nach Inningen) könnte man hier einen gleichberechtigten Weg mit wesentlich weniger Wartezeiten bieten. Ja, im Detail müsste man da sicher noch einiges überlegen und der im Bild markierte Weg muss nicht der beste sein. Vielleicht erforderte die Ideallösung gar einen Kreuzungsumbau – ja und? Steht irgendwo geschrieben, dass Umbauten nur zugunsten des Autoverkehrs zulässig sind? Darf man für RadfahrerInnen nur Überquerungshilfen in Form Vorfahrt und Schwung nehmender Verkehrsinseln bauen?

Ob der markierte Weg so oder so ähnlich zu verwirklichen wäre oder nicht – ich weiß es nicht. Ob es wenigstens angedacht wurde? Weiß ich auch nicht. Was ich weiß ist was ich sehe. Und ich sehe eine Standardlösung im althergebrachten Denkschema. Und darin sehe ich keinen Willen zur Veränderung.

Sie konnten es natürlich nicht lassen.

Es hätte mich auch gewundert, hätte man die neu gebaute Überquerungshilfe und aufgemalten Schutzstreifen als reines Angebot stehen lassen. Kaum sind die Markierungen finalisiert, ist auch der Blauschildfetisch befriedigt: Der linksseitige Weg ist ab der Verkehrsinsel benutzungspflichtig. Aus dem (sehr suggestivem) Angebot wird eine Verpflichtung.

Jede Idiotie lässt sich aber steigern, weshalb die linksseitige Benutzungspflicht ortsauswärts nach sagenhaften 10 Metern wieder aufgehoben wird (um dann 30 Meter später, direkt vor der Kreuzung, wieder angeordnet zu werden). Wieso, weshalb, warum? Ein Ketzer, wer solche Fragen stellt. Ein Schelm, wer annimmt, dem Radverkehr solle gegenüber der direkt folgenden (nicht einsehbaren) Einmündung die Vorfahrt genommen werden – bestimmt auch eine präventive Sicherheitsmaßnahme für den gefährdeten Radler, den man gerade sicherheitspräventiv auf die falsche Straßenseite geleitet hat. Denkt eigentlich überhaupt noch wer mit? (Nachtrag: Das Stückchen nach dem „Ende“-Schild ist wahrscheinlich ein kleines Stückchen Straße, um Autos zu ermöglichen, dort hinein zu fahren und zu parken – deshalb auch kein ausgewiesener Rad-/Fußweg)

Just an dieser Einmündung ist nochmals ein kleines Hinweisschild für RadlerInnen Richtung Bobingen angebracht. Das gab es dort schon immer, da bis vor der Umbaumaßnahme diese Einmündung der vorgeschlagene Ort des Straßenseitenwechsels war. Ob das Radverbotsschild rechts auf Höhe dieser Einmündung neu ist oder schon immer da war, kann ich gar nicht sagen – es ist mir heute zum ersten Mal aufgefallen. Sinn ergibt dieses Schild durchaus – nur nicht an dieser Stelle. Hinter der folgenden Ampel ist es für RadlerInnen angenehmer und sicherer, den (linksseitigen) Radweg zu nutzen als auf der Fahrbahn (Tempo 100) zu fahren. Aber bis zur Ampel? Hier könnte man sich stressfrei auf der Linksabbiegerspur einordnen um dann direkt an der Ampel als Linksabbieger die Straßenseite zu wechseln – von allen Möglichkeiten wäre dies die sicherste, naheliegendste, am wenigsten invasive, am leichtesten zu kennzeichnende. Nur leider bewegt man sich als RadlerIn an dieser Stelle schon im Verbot.

Und das ist das Traurige an dieser Lösung. Der idiotischste Fahrweg von allen – weil er den Radverkehr dem Autoverkehr überdeutlich unterordnet – ist der regelkonforme. Alle anderen Wege, die kein Stück unsicherer sind und gleichzeitig schlicht eine Gleichberechtigung mit dem Autoverkehr darstellen würden, sind illegal. Man kann das ignorieren (und zur Hölle ja, das werde ich), aber das Zeichen ist gesetzt: erst das Auto, dann das Rad. Wahrscheinlich alles im Namen der Sicherheit. Aber aus Unterordnung entsteht keine Sicherheit. Sondern Dominanz des anderen.